Marquise: Magnetfeld-basierte Qualitätskontrolle

Intelligente Fehlererkennung für effiziente Produktionsprozesse

Die Überprüfung von metallischen Objekten in der Fertigung, Verarbeitung oder Warenkontrolle erfordert häufig eine zeitaufwändige optische oder manuelle Inspektion der Teile oder bedarf kostspieliger Geräte. Im Forschungsprojekt »Marquise« zur magnetfeld-basierten Qualitätskontrolle entwickelt der Fraunhofer CCIT eine Lösung, die Abhilfe schafft: Ein System zur automatisierten Inline-Qualitätskontrolle von leitenden Objekten im Produktionsprozess. Es nutzt den magnetischen »Fingerabdruck« der Objekte zur KI-gestützten Erkennung von Produktionsfehlern und ermöglicht so eine effiziente und kostengünstige Qualitätskontrolle im laufenden Betrieb.

© Fraunhofer IIS
Die magnetfeld-basierte Qualitätskontrolle ersetzt ressourcenintensive manuelle Prüfschritte.
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Der KI-Algorithmus unterscheidet anhand von Objektdaten und Vorkenntnissen zwischen Objekten und identifiziert Mängel.
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Die Lösung zur magnetfeld-basierten Qualitätskontrolle kann in den laufenden Betrieb ganzer Fertigungslinien integriert werden.

Das entwickelte System identifiziert und unterscheidet zwischen metallischen Objekten und erfasst automatisiert optisch schwer erkennbare Produktionsfehler und Beschädigungen wie fehlende Detailstrukturen, Löcher oder Strukturfehler. Auch komplexe Strukturen wie Smart Meters oder Alu-Druckguss-Karosserieteile können analysiert werden, ohne dass zusätzliche Markierungs- oder Identifikationsmerkmale wie Barcodes oder Transponder notwendig sind.

Die Objektkontrolle basiert auf dem magnetischen »Fingerabdruck« des zu prüfenden Teils. Dieser wird anhand von Sekundärfeldern erzeugt, die entstehen, wenn leitfähige Objekte in einem magnetischen Wechselfeld bei verschiedenen Frequenzen anregt werden. Anhand dieser Daten wird mit KI-Algorithmen in Echtzeit zwischen fehlerhaften und nicht fehlerhaften Objekten differenziert und Mangelware im Fertigungsprozess direkt aussortiert.

Die magnetfeld-basierte Qualitätskontrolle lässt sich mühelos in bestehende Fertigungslinien integrieren, ist leicht zu bedienen und dank seines vereinfachten Aufbaus kostengünstiger als vergleichbare Methoden mit Röntgensystemen, die zusätzliche Schutzmaßnahmen vor gefährlicher Strahlung erfordern. Im Gegensatz zur visuellen Inspektion mit optischen Systemen beeinträchtigen weder Staub, Lichtverhältnisse noch Verpackungen die Erfassungsqualität. Das System gibt selbst bei in Kartons gelagerten Objekten direkt eine Rückmeldung zur Beschaffenheit des Inhalts. So ist in der Herstellung oder Verarbeitung von in hohen Mengen produzierten metallischen C-Teilen oder auch bei der Wareneingangs- und -ausgangskontrolle oder der Retourenprüfung eine sofortige Qualitätskontrolle im laufenden Betrieb möglich.

 

Integration zweier Fraunhofer-Technologien

Das Forschungsprojekt bündelt die Expertise zweier Fraunhofer-Institute in der Ortung und Materialerkennung auf Basis von magnetischen Feldern sowie im Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Optimierung komplexer Prozesse, um eine effiziente Qualitätskontrolle mit höchster Genauigkeit zu ermöglichen.

Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS ist im Projekt für die Datenerfassung zuständig. Dafür nutzen die Forschenden die Technologie »IndLoc®«. IndLoc ist ein hochgenaues, echtzeitfähiges 3-D-Lokalisierungssystem mit Lokalisierungs- und Sensorfunktionalität mittels niederfrequenter magnetischer Wechselfelder. Durch die Anregung von leitfähigen Objekten wie Schrauben oder Stoßdämpfern in einem magnetischen Wechselfeld werden bei verschiedenen Frequenzen Sekundärfelder erzeugt. Diese Sekundärfelder sind von den materiellen und geometrischen Eigenschaften der Objekte abhängig. Als einzigartige Signaturen der Objekte werden sie mit Referenzwerten verglichen und ermöglichen eine präzise Lokalisierung und Materialerkennung.

Um eine solche Technologie in realen Industrieprozessen einzusetzen, ist eine leistungsfähige Datenverarbeitung auf KI-Basis notwendig, die die Objekterkennung und Strategien zum Erlernen neuer Objekte ermöglicht. Dies ist der Schwerpunkt des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS. Es entwickelt anhand der in den Datensätzen erkannten Merkmale KI-Algorithmen zur Erkennung und Unterscheidung von Objekten. Für ein dateneffizientes Training zur exzellenten Objektklassifikation werden Kenntnisse über Signalverarbeitung und physikalische Gesetze von Magnetfeldern berücksichtigt. So differenziert der Algorithmus auch zwischen Objekten, die eine sehr große Ähnlichkeit aufweisen und beispielsweise durch klassische Computer-Vision-Methoden nicht trivial separiert werden können.

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Am magnetischen Fingerabdruck erkennt die KI die unterschiedlichen Materialen (Stahl 8.8 und 10.9), Längen und Oberflächenveredelungen der M8-Schrauben.
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Im Forschungsprojekt entsteht ein mobiler Demonstrator, in den die Technologie IndLoc® zur flexiblen magnetfeld-basierten Qualitätskontrolle integriert ist.

Hauptmerkmale

Effizient

  • Automatisierter Einsatz im laufenden Betrieb von Fertigungslinien
  • Verlässliche Erkennung von unbekannten Fehlern
  • Unabhängigkeit von Licht, Schmutz oder Verpackungen

Integrierbar

  • Einfacher, kostengünstiger Aufbau
  • Gefahrlose, simple Bedienung
  • Kein Bedarf an zusätzlichen Identifikationsmerkmalen

Vielseitig

  • Produktion von C-Teilen
  • Metallverarbeitung
  • Wareneingangs- & -ausgangskontrolle
  • Retourenprüfung
  • Prüfung von Materialzusammensetzung oder Legierungen